Modelsharing - ein kleiner Erfahrungsbericht

(der folgende Beitrag enthält Aktfotografien - ist also "not safe for work"/NSFW. Ich sag´s nur vorher, damit sich hinterher niemand aufregen muss)

Ein Modelsharing mit 15 Fotografen und 5 Models in einer "lost places" Location. Ist das eine gute Idee, mich dazu anzumelden? Die Frage stellte sich nicht lange, denn zwei befreundete Fotografen und Studiokollegen hatten ein ganz klein wenig "Gruppenzwang" ausgeübt. Also los, anmelden und warten, bis es so weit ist.
Bisher hatte ich entweder meine Shoots alleine geplant oder mich mit ein, zwei befreundeten Fotografen zusammengetan, um die Buchung eines Models oder einer Location für einen ganzen Tag wirtschaftlich tragfähig zu gestalten.

Am letzten Wochenende also unbekanntes Terrain, von einer Ausnahme abgesehen unbekannte Models - kurz und gut eine Gleichung mit einer Menge unbekannter. Das klingt erstmal nach Pleiten, Pech und Pannen. Aber abwarten und locker bleiben - es geht schließlich um nichts, außer dabei zu sein, Erfahrungen zu sammeln und dabei etwas zu lernen.

Die Location
Ein Ort mit wechselvoller Geschichte, entstanden in den dunkelsten Tagen des vergangenen Jahrhunderts und eben diesem Zweck gewidmet; dann nach dem Krieg im gleichen Sinne aber unter anderer Farbe fortgeführt. Darauf möchte ich gar nicht weiter eingehen. Die Gebäude selbst haben sich ihr Schicksal nicht ausgesucht. Als Fotolocation jedenfalls ein interessanter Ort mit großen und kleinen Räumen, einer erwartungsgemäß strengen Außengestaltung. Insgesamt in einem noch gut begehbaren Zustand. Was will man mehr?

Und jetzt?
Einfach so drauflos fotografieren verbietet sich bei dem Rahmen. Mit den fünf professionellen Models, die alle gut gelaunt und motiviert zur Stelle waren, sowieso. Der zeitliche Ablauf setzte im wesentlichen die Limits. Jede Gruppe Fotografen hatte jeweils eine Stunde Zeit, sich mit einem Model in einem Bereich des weitläufigen Areals an die Arbeit zu machen und die gewünschten Bilder zu fotografieren. Komplexere technische Aufbauten, Lichtsets und andere Dinge, die die Sache hätten erschweren können, schieden also schon einmal aus. Reduzierung aufs wesentliche war also angesagt. Am besten ohne weitere Technik, nur Fotograf, Model und vorhandenes Licht am jeweiligen Set. Es fehlte mir aber dennoch irgendwie ein Konzept, wenigstens eine durchgängige Idee, die sich als so etwas wie eine Storyline durch den Tag zieht. Immerhin einen Einfall hatte ich noch am Morgen vor der Veranstaltung: ein Strauß Rosen, besser gesagt, drei Bunde aus dem Supermarkt, mussten herhalten. Ganz schlichte Idee: der Rosenstrauß kommt bei jedem Model an jedem Set mindestens einmal vor und begleitet uns durch den Tag. Na ja, dafür gibt es als Preis sicherlich keinen Blumenstrauß - dennoch sind die Ergebnisse interessant. Denn diese Blumen wurden auf ganz unterschiedliche Weise einbezogen und wirken jedesmal anders. Der Name der Models in der Bildunterschrift ist übrigens jeweils das Instagramprofil.

Noch ganz kurz zur Technik: als Kamera kam jeweils die D600 mit dem "plastic phantastic" AF Nikkor 50mm 1.8 zum Aufwärmen und Testen der Lichtsituation zum Einsatz. Dann ging es weiter mit der guten alten F3 und je einem Kleinbildfilm pro Set. Also der Versuch Klasse statt Masse. 36 Bilder analog, eine Handvoll Digitalaufnahmen - mehr nicht. Alle Aufnahmen schwarz-weiß; die analogen Fotos sowieso, die digitalen, damit es alles einheitlich aussieht.

Für die Digitalaufnahmen habe ich mich entschieden, so wenig wie möglich an den Bildern zu manipulieren. Es kam daher nur Capture One Pro in der Version 10 zum Einsatz; die verfügbaren Filmfilter bringen eine wirklich schöne Simulation zustande. Eine weitere Bearbeitung mit Photoshop ist daher nach meinem Geschmack absolut nicht nötig.
Damit das ganze halbwegs zusammenpasst, habe ich Set 1 und Set 5 auf Fomapan 400 fotografiert, die übrigen Sets auf Tri-X. Ziel war es, einen relativ rauhen, ungeschliffenen Look zu erreichen. Hilfreich war hierfür an der F3 das Ai Nikkor 55 1.2, das ich in den Innenräumen mit f/1.4 und draußen mit f/2.8 bis f/4 eingesetzt habe. Als Filmentwickler kam übrigens Spur Acurol-N zum Einsatz. Der Tri-X nach Datenblatt (etwas hart - aber das sollte so sein); den Fomapan habe ich bewusst etwas weicher entwickelt (1+50 anstatt 1+35). Die Ergebnisse sind wirklich sehenswert.

Soll ich ein Fazit ziehen? Mmmhhh…. ich fasse für mich zusammen, dass sich der Tag insgesamt gelohnt hat. Warum? Ich hatte die Möglichkeit, mein Portfolio mit neuen Bildern zu erweitern und Networking zu betreiben. Es sind einige Bilder dabei herausgekommen, mit denen ich sehr zufrieden bin (und ich bin bekanntermaßen selten überzeugt von meinen eigenen Bildern). Wenn man bedenkt, dass jeder Fotograf nur 20 Minuten pro Set Zeit hatte, ist das schon gut.

Bild des Tages ist für mich ein Pola Winking In diesem Fall ein Instax Mini, dass ich mit der Leica sofort in einer Pause aufgenommen habe. Model "@Blackrosesgarden", war so angetan von dem kleinen Foto, dass ihr Kommentar auf Instagram "in my opinion one of the most authentic photos ever from me" lautete. Für mich als Portraitfotografen wirklich sehr berührend - vielen Dank!

Würde ich wieder ein Modelsharing ähnlicher Art besuchen? Ja, ich denke schon. Alleine für das kleine Polaroid und die Reaktion darauf, hat sich die Mühe gelohnt Winking


2018-04-28-Ballenstedt-Anna-Pola Kopie

@Blackrosesgarden während einer Pause,
aufgenommen auf Instax Mini Monochrome



_NIK3184_1

@Blackrosesgarden - "Rosenstrauß 1"
Nikon D600/AF 50 1.8



_NIK3290_1

"@anastasia_g.mood" - "Rosenstrauß 5",
Nikon D600/AF 50 1.8



2018-04-28-Ballenstedt-Anika-32

"@anikalengsfeld" - "Rosenstrauß 2"
Nikon F3/Ai 55 1.2,
Kodak Tri-X@400 in Spur Acurol-N 1+50



2018-04-28-Ballenstedt-Jolina-07

"@joli.mari" - "Rosenstrauß 3"
Nikon F3/Ai 55 1.2
Kodak Tri-X@400 in Spur Acurol-N 1+50



2018-04-28-Ballenstedt-Eva-03

"@wenzeleva" - "Rosenstrauß 4"
Nikon F3/Ai 55 1.2
Kodak Tri-X@400 in Spur Acurol-N 1+50